2015-2020 Theater Ansbach – Das jüngste Ensembletheater Deutschlands
Vom Kleinsten Stadttheater Deutschlands, dem Theater Naumburg, führte mich mein Weg ab der Spielzeit 2015 als Intendantin zum jüngsten Ensembletheater Deutschlands, dem Theater Ansbach. Hier galt es, für ein Haus mit 450 Plätzen ein Ensemble mit Schauspielerinnen und Schauspielern aufzubauen und zu führen. Ich legte besonderen Wert auf die spielerischen, gesanglichen und instrumentalen Fähigkeiten der Spieler, denn die Erarbeitung ungewöhnlicher Projekte, wie die Adaption von Musiktheaterstoffen für das Schauspiel, gehört zu meinen künstlerischen Schwerpunkten. Das Ansbacher Publikum sieht auf eine lange Tradition des Gastspieltheaters zurück, das Ensembletheater jedoch feierte 2017 erst sein 10jähriges Jubiläum.
Stadttheater und ungewöhnliche Projekte
Der Spielplan setzte sich aus Klassikern der Weltliteratur, Stücken mit aktuellen und gesellschaftsrelevanten Themen sowie aus Sonderprojekten zusammen.
In der Zusammenarbeit mit der Leipziger Autorin Friederike Köpf und dem Musikalischen Leiter und Schauspieler Hartmut Scheyhing kreierte ich als Regisseurin genreübergreifende Projekte bestehend aus Schauspiel, Gesang, Musik und Tanztheater, die durch die Ausstattung u.a. von Jan Hax Halama in eine besondere Raumspannung gebracht wurden.
Zum Reformationsjubiläum 2017 entstand „Luther! Das klare Wort“ als biographisch-theologische Auseinandersetzung. „Der fliegende Holländer. Im Sturm der Zeit“ lebte durch die Atmosphäre und die moderne Bearbeitung der Musik Richard Wagners und erzählte u.a. von Krieg, Flucht und Vernichtung bis in unsere Tage. Mit den Abgründen der menschlichen Psyche beschäftigte sich „Der Sandmann. Im Bann der tausend Augen“. Die junge Ansbacher Sängerin Lys Jane entwickelte zusammen mit Hartmut Scheyhing die Musik.
Eine weitere Spezialität war die instrumentale und inszenatorische Neuinterpretation traditioneller Operetten mit Schauspielern wie „Wiener Blut“ von Johann Strauß und „Frau Luna“ von Paul Lincke als Musikalische Spiele.
Virulente Themen der Stadtgesellschaft und neue Spiel-Räume
Auch in Ansbach bespielten wir neben den drei Spielstätten Großes Haus, Theater hinterm Eisernen und Das rote Kabinett ungewöhnliche Orte wie das Landgericht (Terror/Schirach), die Schwanenritterkapelle in St. Gumbertus (Luther! Das klare Wort/Köpf), das Citrushaus des Hofgartens (Casanova/Schubert) oder den Innenhof der Residenz (Der Tartuffe/Molière).
Zudem gab ich Werke zu den virulenten Themen der Stadt und ihrer Region in Auftrag, wie „Tote wissen mehr“, eine Uraufführung für die Kaspar Hauser-Festspiele.
Kinder- und Jugendtheater, Theaterpädagogik
Auch in Ansbach legte ich ein Augenmerk auf das Kinder- und Jugendtheater sowie die Theaterpädagogik. Kinderstücke, Klassenzimmerstücke, Weihnachtsstück, Lehrerfortbildungen, Partnerklassen, Jugend-Abos und die Zusammenarbeit mit Schultheatergruppen förderten den unmittelbaren Kontakt zur Kunst.
Gemeinsam Theater zu erleben, Utopien nachzugehen, gemeinsam zu lachen, zu weinen, anderen Lebensentwürfen und Ideen zu begegnen, fremde Gefühle oder Werte kennenzulernen und zu überprüfen – all das heißt, sich zu bilden mit Herz und Verstand!
Mit „Das Buch mit den sieben Siegeln“ etablierten wir ein besonderes Sprachförderungsprojekt für Grundschüler, das die Sprach- und Kommunikationskompetenz sowie die Integration junger Bürger mit Migrationshintergrund unterstützte. Die großen Erzählungen der Menschheitsgeschichte, Werke des universellen kulturellen Gedächtnisses, wurden in je verschiedenen theatralen Formen gespielt. Es folgte ein Gespräch in der Gruppe, die Kinder setzen sich im Unterricht weiterhin mit den Themen auseinander. Sie bastelten, schrieben oder malten dazu. Wer sieben Projekte gesehen hat, bekam das „Buch mit den sieben Siegeln“, darin eigene Arbeiten zu den gesehenen Werken.
Auch im Kinder- und Jugendtheater kamen Uraufführungen zur Premiere. Das Stück „Wolken und andere Katastrophen“ von Rike Reiniger wurde im Projekt „Nah dran!“ des Kinder- und Jugendtheaterzentrums in der Bundesrepublik Deutschland gefördert. https://kjtz.co
Zwei Spielclubs für Jugendliche sowie für alle Generationen gaben den jungen und erwachsenen Bürgern der Stadt Gelegenheit zu theatraler Erkundung.
Netzwerk
Auch in Ansbach konnte ich ein umfassendes Netzwerk mit Kooperationspartnern aufbauen. Zu den Partnern zählten Institutionen wie die Hochschule Ansbach, die Augustana Hochschule Neuendettelsau, die Bayerische Schlösser- und Gartenverwaltung, das Citymarketing, Vereine wie „Wir gegen Jugendkriminalität e.V.“ oder „Rauhreif e.V.“, die Kirchengemeinde St. Gumbertus und Johannis, der Evangelisch-Lutherische Kirchenkreis Ansbach-Würzburg, das Landgericht, die Landfrauen Mittelfrankens und die Ansbacher Kammerspiele.
Theaterpredigten
Ein für mich sehr wichtiger Bestandteil meines Profils als Intendantin waren die Theaterpredigten in Zusammenarbeit mit der Augustana Hochschule und der evangelischen Kirchengemeinde St. Gumbertus und Johannis. Pfarrer:innen und Studierende besuchten den Probenprozess und konzeptionieren unter Mitwirkung des Theaters Gottesdienste, die sich mit den Themen der aktuellen Premieren beschäftigen. Die Studierenden setzen sich zudem im Seminar mit den Stücken auseinander und gaben dem Theater in Gesprächen weitere Impulse.