Theater lebt – Auch in der Erinnerung (Folge 6)

Luther! Das klare Wort - Theater Ansbach

Es ist nicht nur die Intendantin, die eine Vision hat, sondern es sind auch die vielen Menschen, die dieser Vision folgen, um sie gemeinsam umzusetzen.
Daher soll es jetzt um weitere Partner sowie das künstlerische Team des Projektes LUTHER! DAS KLARE WORT gehen, denen, neben der vorher erwähnten Friederike Köpf, allen mein großer Dank gebührt.

Ich brauchte für diese besondere Uraufführung einen atmosphärischen Spielort außerhalb des Theaters und suchte Verbündete, die Lust auf dieses Abenteuer hatten. In der Kirche, mit der uns bereits seit 2015 die fruchtbare Zusammenarbeit mit den Theaterpredigten verband, fanden wir Mentoren wie einst Luther in Johann von Staupitz.
Die wissenschaftliche und praktische Unterstützung unseres Projektes erfuhren wir von Dr. Dieter Kuhn, dem geschäftsführenden Pfarrer der beiden Kirchengemeinden St. Johannis und St. Gumbertus in Ansbach. Wir tauschten uns intensiv mit ihm aus, er beantwortete uns Nichttheologinnen all ’unsere Fragen, versorgte uns mit Fachliteratur und ging mit mir auf Besichtigungs-Tour durch die evangelischen Kirchen. An dieser Stelle sei neben Pfarrer Dr. Kuhn auch dem Vorstand der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde St. Gumbertus nochmals sehr herzlich gedankt.

Meine Wahl fiel auf die Schwanenritterkapelle in St. Gumbertus. Sie bot den intimen sowie atmosphärischen Rahmen, der mir für die Auseinandersetzung mit dem Reformator und dem Menschen Luther wichtig war. Jan Hax Halama entwarf ein neutrales Holzpodest, in dem man in verschiedenen Formationen rohe Holzkreuze verankern konnte und das von innen beleuchtbar war. Die Zuschauer saßen von drei Seiten um das Podest herum, das dahinter liegende historische Chorgestühl bezog ich in die Inszenierung mit ein. Die offene Seite zeigte Richtung Altar, auf den alle Blickrichtungen zustrebten. Er wurde ebenfalls Spielort. Es entstand eine wunderbare intime Raumbühne, die in der Inszenierung simultan bespielt wurde. Halama gestaltete Kostüme, die ihren Schnitten nach aus der Lutherzeit stammten, aber, grob aus Walkstoff gearbeitet, einen hohen Abstraktionswert schufen. Im Zusammenspiel mit der Kapelle entstand daraus eine Ausstattung, welche dem Text und den szenischen Vorgängen hervorragend diente. Sie war höchst energetische Fläche für Assoziationen und hielt sich gleichzeitig gegenüber dem historischen Ambiente zurück. Dieser mobile Baukasten war mir reine Freude. Er ermöglichte ständige szenische Veränderungen durch die Wechsel der Kreuz-Formationen im Spiel der Darsteller*innen. Er unterstützte einen fließenden Szenenübergang und vermied „leere“ Umbauten. Es waren im Wortsinne „die Bretter, die die Welt bedeuten“. In assoziativer Folge entstanden immer wieder neue Orte und Situationen, darunter Luthers Stube auf der Wartburg, eine Prozession, ein Scheiterhaufen, Golgatha, der Garten Gethsemane, die Disputation mit Eck, die Reichstage zu Augsburg und Worms, die Universität zu Wittenberg, Luthers Reise nach Rom, Lenchens Tod, Katharinas Schmerz, Luthers Begegnung mit dem (jüdischen) Kindlichen Ahnen u.v.a.m.

Die Musikalische Leitung hatte Hartmut Scheyhing inne, der mit den den vier Schauspieler*innen Claudia Dölker, Anna Mariani, Andreas C. Meyer und Hartmut Scheyhing mehrstimmige Vokalensembles einstudierte oder Luthers „Ein feste Burg ist unser Gott“ auf der Orgel spielte. Die Musiken involvierte ich ebenfalls in szenische Vorgänge, um eine weitere Ebene der Wahrnehmung zu öffnen und sie nicht als leere Nummern zu isolieren. Das Ergebnis war eine tiefe, oft meditative, Stimmung, die sich in den Herzen der Zusehenden und Zuhörenden verwebte. Von der wunderbaren Zusammenarbeit mit Hartmut Scheyhing wird noch an späterer Stelle zu berichten sein. Unsere Begegnung war reines Glück, reine Schaffensfreude. Wir schufen in zahlreichen Projekten eine gemeinsame Handschrift für Ansbach, die wir stetig weiterentwickelten.

Claudia Dölker stand mir neben ihrer Darstellung verschiedener Rollen (Chorführerin, Katharina von Bora, Das klare Wort, Gauklerin und Tänzerin am Hof Karls) bei Luther als choreographische Mitarbeiterin zur Seite. Sie setzte mit dem Ensemble überaus versiert und akribisch u.a. meinen Wunsch nach einer Contactimprovisation um, die auf dem Foto zu sehen ist. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, wie groß die Freude ist, wenn sich Künstler*innen im Team für eine gemeinsame Sache einsetzen. Das bedeutet Ensemble. Und das ist Claudia Dölker, eine wache und sensible Teamworkerin, die ihr Können, ihre Kreativität ununterbrochen in das Konzept verschiedenster Regisseur*innen einbringt/einbrachte. Die im Bild dargestellte Szene symbolisiert mit den Mitteln des Tanzes Luthers Entwicklung vom Mönch und Gelehrten zum Ehemann und Vater. Luther stürzt sich ins Volk, ins pralle Leben, und heiratet Katharina von Bora.
Für Sie, liebe Leserinnen und Leser, wirkt dieses Bild in Zeiten der Physischen Distanz vielleicht inzwischen sehr fremd. Genießen Sie es umso mehr.

Die Ansbacher Mäzene Gertraude und Friedrich Hilterhaus spendeten speziell für unsere Uraufführung eine zusätzliche Summe, die es uns ermöglichte, für dieses Ausnahmeprojekt während des internationalen Reformationsjubiläums auch über die Grenzen Ansbachs hinaus zu werben. Auch ihm sei hier aufs Herzlichste gedankt.
(Fortsetzung folgt)

LUTHER! DAS KLARE WORT von Friederike KöpfPremiere 4. März 2017, Theater Ansbach Schwanenritterkapelle St. Gumbertus
Inszenierung: Susanne Schulz
Bühnenbild und Kostüme: Jan Hax Halama
Musikalische Leitung: Hartmut Scheyhing
Choreographische Mitarbeit: Claudia Dölker
Mit: Claudia Dölker, Anna Mariani, Gerald Leiß, Andreas C. Meyer, Dave Wilcox

Luther! Das klare Wort - Theater Ansbach

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